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20. Jahrhundert: 1950 - 1959

1950

1. Januar: Aus dem 1944 durch die Jenaer Stiftungsbetriebe gegründeten Mikrobiologischen Laboratorium geht der VEB Jenapharm als selbständiger Betrieb hervor. Er gründet auf den Penicillin-Forschungen Hans Knölls und den bereits seit 1948 unter dem Markennamen „Jenapharm“ vertriebenen Penicillin-Produkten (Penicillin-Wundpuder).

31. Juli: Mit den Rosensälen als Hauptlesesaal (120 Plätze) wird eines der zahlreichen Provisorien der nunmehr aufgrund der Zerstörung des Bibliothekshauptgebäudes dezentral organisierten Universitätsbibliothek eröffnet, die zum Teil bis zum Bibliotheksneubau von 2002 Bestand haben.

1951

22. Mai: Johannes R. Becher wird auf Grund seiner besonders engen Beziehungen zu Jena anlässlich seines 60. Geburtstages Ehrenbürger der Stadt Jena.

24. Sept.: Das bis 1947 auf dem Eichplatz befindliche Burschenschaftsdenkmal Adolf Donndorfs findet am Fürstengraben vor dem Universitätshauptgebäude einen neuen Standort.

1952

Jan.: Die ersten der 1946 in die Sowjetunion verbrachten Zeiss-Spezialisten (69 Personen mit ihren Angehörigen) kehren nach Jena zurück.

21. März: Der Pädagoge Peter Petersen, der mit seinem „Jenaplan“-Modell international schulbildend gewirkt hatte, verstirbt. Petersen war als „bürgerlicher Pädagoge“ bereits seit Längerem kaltgestellt, die von ihm betriebene Universitätsschule 1950 geschlossen worden. Seine Verstrickungen in den Nationalsozialismus werden erst Jahrzehnte später thematisiert. („Petersen-Debatte“).

1. Mai: Das Zementwerk Göschwitz, seit 1945 der Sowjetischen Aktiengesellschaft unterstellt, wird an die DDR übergeben und verstaatlicht.

Juli: Mit der territorialen Neugliederung der DDR in Bezirke bei weitgehender Ausschaltung der bisherigen Länder wird Jena dem Bezirk Gera unter Missachtung der engen kulturellen Bindungen an Weimar (Bezirk Erfurt) zugeordnet.

1. Juli: Im Ernst-Abbe-Sportfeld werden die III. DDR Leichtathletikmeisterschaften eröffnet.

30. Oktober: Der Fürstengraben wird auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung in Goetheallee umbenannt.

1953

1. Januar: Unter der Leitung von Hans Knöll nimmt das Institut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie (IMET) am Beutenberg seine Tätigkeit auf.

1. Februar: Der Traditionsverlag Gustav Fischer wird verstaatlicht. Als Volkseigener Betrieb beschäftigt er ca. 70 Mitarbeiter und veröffentlicht jährlich 50 bis 60 Buchtitel und 20 Zeitschriften.

15. April: Die im April 1945 teilzerstörte Autobahnbrücke bei Göschwitz wird wieder dem Verkehr übergeben.

17. Juni: Jena gehört mit ca. 20.000 bis 25.000 an Demonstrationen und anderen Aktionen Beteiligten zu den Zentren des Volksaufstandes in Thüringen. Neben der allgemeinen Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation richten sich die Proteste der Zeiss-Arbeiter gegen die Beseitigung der durch das Stiftungsstatut gewährten sozialen Errungenschaften bzw. betrieblichen Mitbestimmungsrechte. Bei Demonstrationen in der Innenstadt werden am Vormittag des 17. Juni die Räume der SED-Kreisleitungen Jena-Stadt und Jena-Land gestürmt und verwüstet und aus der Untersuchungshaftanstalt Am Steiger 61 Häftlinge befreit. Gegen Mittag stoßen sechs sowjetische Panzer sowie Mannschaften der in Jena stationierten 20. Gardedivision ins Stadtzentrum vor und platzieren sich vor strategisch wichtigen Gebäuden. Um 17.00 Uhr verkündet der sowjetische Stadtkommandant den Ausnahmezustand für Jena. Von den am 17. Juni Verhafteten wird der Arbeiter Alfred Diener am 18. Juni standrechtlich erschossen. Gegen weitere Verhaftete werden wegen der Beteiligung am Aufstand hohe Haftstrafen verhängt. Kleinere Streiks im Juli bei Zeiss, vor allem aus Solidarität mit den Inhaftierten, werden unterdrückt, Beteiligte zu Gefängnisstrafen verurteilt bzw. entlassen.

1. September: Die aus der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität ausgegliederten landwirtschaftlichen Institute konstituieren sich als Landwirtschaftliche Fakultät.

11. Oktober: Am Anger wird ein neues Schulgebäude eingeweiht (spätere Johannes-R.-Becher- Schule).

1954

25. Juli: Das neue Freibad am Jenzig (Ostbad) wird eröffnet. Zusammen mit dem Ausbau des „Schleichersees“ – durch Kiesabbau entstandener See in der Oberaue – zum Freibad (Südbad) seit Beginn der 1950er Jahre beendet dies die Ära der Flussbäder an der Saale. Als letztes wird das „Lichtenhainer Bad“ geschlossen (1954).

14. November: Mit der Gründung des Sportclubs Motor Jena entwickelt sich zu ein staatlich geförderten Zentrum des DDR-Hochleistungssports.

1955

Das unter der Leitung des Geografen Joachim H. Schultze erarbeitete „Jena“-Buch setzt als interdisziplinäre Analyse von „Werden, Wachstum und Entwicklungsmöglichkeiten“ Jenas Standards in der modernen Stadtgeografie.

2. April: Die im Krieg stark zerstörte Stadtkirche St. Michael wird nach Wiederaufbauarbeiten im Beisein des Thüringer Landesbischofs Moritz Mitzenheim wieder eingeweiht. Baumeister Friedrich Ilmer überreicht dem Landesbischof den Kirchenschlüssel.

14. Mai: Im Rahmen der Feierlichkeiten aus Anlass des 150. Todestages Friedrich Schillers in Weimar und Jena verleiht die Philosophische Fakultät der Jenaer Universität dem Dichter Thomas Mann die Ehrendoktorwürde.

1956

2./3. Juli: Nach heftigen Regenfällen kommt es in Ammerbach und in der Ringwiese zu Überschwemmungen.

16. September: Das umgebaute Theaterhaus wird als Haus Jena des Deutschen Nationaltheaters Weimar wiedereröffnet.

14. Oktober: Anlässlich des 150. Jahrestages der Schlacht bei Jena und Auerstedt eröffnet in der Gaststätte "Grüner Baum zur Nachtigall" in Cospeda eine „Gedenkstätte 1806“. Grundlage der musealen Einrichtung sind die Sammlungen des Gastwirtes Walter Lange, der als „Napoleon von Jena“ zu einer lokaler Berühmtheit avanciert.

30. November: Der Physikerball (Fachschaften Mathematik und Physik) enthält SED-kritische kabarettistische Einlagen. Die geforderten Bestrafungen der Beteiligten unterbleiben zunächst, erst zwei Jahre später kommt es zu Verurteilungen.

2. Dezember: Der Erweiterungsbau des Hauptpostamtes Westbahnhofstraße/Ernst-Haeckel-Platz wird seiner Bestimmung übergeben. Die Außenfassade trägt ein großflächiges Sgraffito von Kurt Hanf („Der Weg der Post“).

1957

Die Neubauten des Physiologisch-Chemischen und des Pharmakologischen Instituts der Medizinischen Fakultät am Holzmarkt/Nonnenplan werden im Rohbau fertiggestellt.

5. September: Der neue Jenaer Milchhof (Großmolkerei) in Jena-Löbstedt wird eingeweiht.

1958

Baubeginn des Wohngebietes „Nord I“. Zwischen 1958 und 1968 entstehen mehr als 3.000 Wohnungen und Versorgungseinrichtungen im Norden Jenas (Nord I und Nord II) in industrieller Großblockbauweise.

Februar: Eine Verhaftungswelle des Ministeriums für Staatssicherheit unter Jenaer Studenten betrifft vor allem Angehörige der Widerstandsorganisation „Eisenberger Kreis“. Im Herbst werden vor dem Bezirksgericht in Gera Haftstrafen bis zu 15 Jahren verhängt.

28. August - 5. September: In einer Atmosphäre sich verschärfender Fronten im Kalten Krieg findet die 400-Jahrfeier der Friedrich-Schiller-Universität statt. An der Universität selbst ist die Situation durch die Verschärfung von Repressionen gegen systemkritische Kräfte sowie durch die zunehmende Einbindung der Universität in das System der staatlichen Lenkung bei Einschränkung der Forschungs- und Lehrautonomie der Universität geprägt. Zusätzlicher Zündstoff entsteht durch die spektakuläre Flucht des amtierenden Rektors Josef Hämel in BR Deutschland kurz vor den Jubiläumsfeierlichkeiten. Der offiziellen Festwoche, die nach dem Willen der DDR-Hochschulpolitik bzw. der SED-Kräfte an der Universität den erreichten Stand bei der „sozialistischen Umgestaltung“ der Hochschule dokumentieren soll, bleiben die meisten Vertreter der Universitäten aus der Bundesrepublik und aus westeuropäischen Staaten fern.

1959

1. Juli: An der Schillerstraße beginnt der Bau einer 16geschossige Hochhausscheibe für die Forschungsabteilung des VEB Carl Zeiss Jena als städtebaulicher Abschluss der Blockbebauung des Hauptwerkes (Bau 59) nach einem Entwurf des Jenaer Architekten Hans Schlag. Für den Neubau müssen mehrere Wohn- und Geschäftshäuser am südlichen Johannisplatz abgerissen werden. Das Gebäude ist bis 1965 fertiggestellt.

13. September: Mit dem ersten Motorflugtag wird der 1945 teilzerstörte Flugplatz Jena-Schöngleina wird wieder in Betrieb genommen.